Der Anfang vom Ende


"Hi, ich bin zurück", rief ich und ließ meine Tasche auf den Parkettboden fallen.
Die Treppen brachten mich ganz schön außer Puste. Stöhnend wusch ich meine Hände und ging in die schmale Küche. Es roch chemisch und ich vermutete, dass D irgendwas geputzt hatte. Er schien nicht da zu sein.
Gedankenverloren legte ich ein Aufbackbrötchen in den Ofen. Er wollte heute zu S, seiner besten Freundin. Sie tranken wahrscheinlich wieder.
Ich packte meine Tasche aus und zündete mir eine Zigarette an. Ich war der absolute Stressraucher. Bei jeder Stresssituation verursachte das tiefe Atmen, dass ich mich entspannte - und ich hatte dauernd Stress.
Noch während ich dasaß und versuchte mich zu entspannen, hörte ich das Türschloss. Mein Puls beschleunigte sich. D ging mit unsicheren Schritten auf mich zu. Es war Mittwoch und mitten am Tag und er war sturzbetrunken.
"Hi, Schatz", lallte er und wollte mich küssen. Angewidert drehte mich meinen Kopf zur Seite. "Boah nee, was hast du denn jetzt schon wieder?"
"Wieso zur Hölle trinkst du an einem MITTWOCH? Das Wochenende ist doch bald und du wolltest heute nach einem Job suchen und dich auf eine Ausbildung bewerben..." Ich wusste, dass es alles vergebens war, war aber noch nicht bereit mir das einzugestehen. "Du weißt genau, dass ich den Geruch hasse. Ich hasse es!"
Ich ging in die Küche, um den Ofen auszustellen und legte mein Brötchen auf den Teller.
"Ich hab da keinen Bock drauf, du nervst mich jeden Tag damit. Ich geh jetzt einfach wieder rüber zu S. und trinke weiter. Es ist MEIN Leben und wenn dir das nicht passt, ist mir das total egal!", wetterte D. Er sah mich wütend an und schlug mir mein Brötchen vom Teller. "Und das isst du jetzt nicht!!!"
Erschrocken wich ich einen Schritt zurück und wollte mein Brötchen aufheben, doch D schubste mich zur Seite und trat es weg.
"Was soll das? Ich will doch nur etwas essen. Bin ich dir wieder zu fett? Wo ist dein Problem?" Tränen liefen mir über mein Gesicht. Ich hatte wieder Angst, denn Irgendwas stimmte nicht. Doch auch Trotz und Wut machten sich in mir breit. Als er in die Küche ging, robbte ich schnell zum Brötchen, doch er kam wieder, trat mich zur Seite und drückte mich auf den Boden.
"ICH HAB DIR GESAGT DU ISST ES NICHT!!!", er schrie und spuckte mir dabei ins Gesicht. Ich zitterte. "Was ist dein scheiß Problem?", kreischte ich und wand mich in seinem Griff.
Er hatte aus der Küche einen Besen geholt, weil schon alles voller Krümmel war und fuchtelte mit der Eisenstange vor meinem Gesicht rum.
"Ich hab den Ofen mit Ofenreiniger eingesprüht und das ist giftig!!! Du darfst es NICHT ESSEN!"
Seine Augen waren weit aufgerissen und er schwitzte. Er holte mit dem Besen aus.
Er schlug mehrfach daneben, bis er mich traf. Der Besenstiel war aus Eisen und hinterließ tiefe Spuren im teuren Parkett.
Ich lag wie ein Häufchen auf dem Boden und blutete aus dem Mund und aus der Nase. "Versprich mir, dass du das nicht isst", keuchte D. Ich nickte und als er schlagartig aufstand zuckte ich unwillkürlich zusammen.
Er fegte die Krümmel mit dem vollkommen verbogenen Besen zusammen und ging wieder.
Als die Tür ins Schloss fiel stand ich auf und fing bitterlich an zu weinen. Das war der Anfang vom Ende und das war mir klar.
Gestresst zündete ich mir eine Zigarette an...